Quelle: Pexels

Mythos Fachkräftemangel: Warum Bewerbungen scheitern

In meinem über 30-jährigen Berufsleben ist es immer meine Aufgabe gewesen, Mitarbeiter und Arbeitgeber zusammenzubringen. Dafür habe ich verschiedenste Instrumente und Methoden in den unterschiedlichsten Organisationsformen eingesetzt. Anfangs wurden Weiterbildungsprogramme verwendet, später Outplacement-Methoden. Diese reichten vom Einzel-Outplacement bis hin zur Vermittlung von Mitarbeitern innerhalb von Transfermaßnahmen oder -gesellschaften.

Über diese Zeitspanne hinweg habe ich auch mit unterschiedlichen Nachfragesituationen umgehen müssen. Meistens aber war die Nachfrage nach den Jobs größer. Das heißt, es gab mehr Bewerber als Stellenangebote.

Seit über zwei Jahren bin ich bei Wanner für das Recruiting verantwortlich. Wir werden also beauftragt, Mitarbeiter zu finden. Für mich bedeutet das also die gleiche Situation, mit umgekehrten Vorzeichen. Allerdings verkehre ich auf einem Markt, der durch einen Mangel an Fachkräften geprägt ist.

Wo sind die Hürden im Bewerbungsprozess?

Wir übernehmen für unsere Kunden die exakte Bedarfsermittlung und Stellendefinition, die Erstellung von Stellenanzeigen, die Suche bis hin zu den Erstgesprächen einen wesentlichen Teil des Rekrutierungsprozesses. Wir haben die fachlichen und persönlichen Qualifikationen bei den Bewerbungen abgeklärt, das Gehalt abgestimmt und andere wichtige Rahmenbedingungen ebenfalls geklärt.

Alles klar, möchte man meinen, dann kommt also zusammen, was zusammenkommen soll. Warum ist es denn dann doch so schwer?

Der Austausch von Informationen bei Bewerbungen

Grundsätzlich wünschen sich die Teilnehmer eines solchen Prozesses nichts mehr, als dass Klarheit darüber hergestellt wird, ob Bewerber und Unternehmen (und der Chef) zusammenpassen. Dafür benötigen beide Seiten Informationen. Alle Schritte im Prozess dienen dieser Informationsgewinnung. Die Stellenanzeige informiert über die Position und das Unternehmen. Der Lebenslauf gibt Informationen über den Bewerber preis und im Vorstellungsgespräch werden Informationen über Fähigkeiten und Fertigkeiten, Unternehmenskultur u.v.m. ausgetauscht.

Was, wenn sich nun beide Seiten – mitunter unbewusst – diese Informationen vorenthalten? Wenn Unternehmen keine konkrete Aussage zur Unternehmenskultur, zum Miteinander im Team, zum Job oder zu den Erwartungen machen können oder wollen. Oder wenn der Bewerber – außer der Wiederholung der Daten im Lebenslauf – nichts dazu sagen, wie sie ihren Job erledigen. Dann ist der Informationsaustausch unvollständig, beide Seiten tun sich schwer und insgesamt ist es dann eher frustrierend für Arbeitgeber und Bewerber.

Was nicht tun bei Bewerbungen

Neben der Tatsache, dass gerade in kleineren Unternehmen ohne Personalabteilung das Führen von Vorstellungsgesprächen genauso zum Weiterbildungsprogramm gehören sollte, bin ich dafür, bereits in der Schule in einem Unterrichtsfach einzuüben, wie man sich erfolgreich bewirbt und worauf es ankommt. 

Denn wenn ich mir heute Lebensläufe von Absolventen aus Realschule oder Gymnasium anschaue, dann sehen die immer noch aus, als wären sie in einer Zeitkapsel aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts angereist. In diesen Lebensläufen sind immer noch Geburtsdatum, Konfession und Wohnadresse auf der ersten Seite zu finden, das Foto ist in der Regel zu klein und wichtige Informationen für den zukünftigen Arbeitgeber fehlen andererseits völlig. Form und Rechtschreibung sind noch ein anderes Thema. Wir bieten allen Schulen in der Region gerne an, in einem Kurz-Workshop zu erläutern, was heute beim Bewerben wichtig ist – selbstverständlich kostenfrei!

Würde ich mich bei meiner Firma bewerben?

Genauso schlecht ist es oft aber auch um die Informationen des Arbeitgebers bestellt. Stellenanzeigen lesen sich sperrig und wirken oft eher abschreckend als ansprechend. Warum sollte sich also ein Kandidat bewerben, wenn es keinerlei Anreize gibt?

Ich finde es in diesem Zusammenhang besonders wichtig, dass Vorstellungsgespräche auf Augenhöhe stattfinden sollen. Ein Arbeitgeber braucht einen erwachsenen und vernunftbegabten Menschen, um einen Arbeitsplatz gut auszufüllen, dafür muss er diesen Menschen auch so wahrnehmen und behandeln.

Diese Frage sollten sich Arbeitgeber grundsätzlich beantworten, bevor sie Stellenanzeigen schalten. Und Bewerber sollten sich fragen, welche Fähigkeiten sie mitbringen, um die Aufgaben und Herausforderungen des jeweiligen Jobs zu bewältigen.

Wir bei Wanner können beiden Seiten helfen, die Fragen zu Bewerbungen so zu beantworten, dass am Ende auch ein zufrieden stellendes Arbeitsverhältnis zustande kommt.

Ihre Amélie von Schoenaich

Leiterin Recruiting