Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?

Quelle: pixabay

 

Künstliche Intelligenz

Fluch oder Segen?

Wenn ich an einen Gründer denke, den ich letztes Jahr beraten habe, muss ich eigentlich klar sagen: Segen! Er hat im Bereich Logistik eine Software auf Basis von KI-Algorithmen entwickelt, die den Unternehmen eine Verbesserung der Materialverfügbarkeit in der Produktion von bis zu 40 % sicherstellt. Genau solche Ingenieure und kreativen Gründer braucht Deutschland, um wieder attraktiv produzieren zu können.

Oder wenn man Chat GPT von OpenAI getestet hat, dann weiß man sofort, dass hier ein sehr hohes Potential vorhanden ist, uns das Leben leichter zu machen und eine neue Stufe in der Entwicklung gehen zu können. Das textbasierte Dialogsystem mit künstlicher Intelligenz beantwortet in beeindruckender Reaktionszeit Anfragen und kann so beispielsweise Texte korrigieren oder auch nach kurzer Beschreibung selbst erzeugen. Sogar Fehler in programmiertem Softwarecode kann der Chatbot finden und vieles mehr.

Als überregionaler Dienstleister halten wir uns stets auf dem Laufenden und testen neue „Werkzeuge“, die für uns oder unsere Kunden Vorteile bringen könnten. Hier finden wir viele positive Dinge, die uns helfen unsere tägliche Arbeit effizienter zu gestalten und Kosten zu senken. So haben wir beispielsweise ein Elektrounternehmen völlig „intelligent“ digitalisiert und dazu auch noch Fördermittel eingesetzt. Ein Segen für das Unternehmen, das nun für die Zukunft sehr gut gerüstet ist.

Die negativen Seite der Automatisierung

Doch leider gibt es auch andere – sehr negative – Auswirkungen von Softwareautomatisierungen, die nach Aussage der Hersteller auf KI bzw. intelligenter Software beruhen sollen.

So haben wir beispielsweise einen neuen Algorithmus ausprobiert, der per KI in der Lage sein soll, die fehlenden Fachkräfte z.B. in den sozialen Medien zu identifizieren und diese zu animieren, sich auf unsere Vakanzen zu bewerben. Leider konnte dieses Werkzeug keine qualifizierten Bewerber generieren. Eigene Kampagnen mit unseren Standard-Algorithmen ohne KI, sowie Direktansprachen, waren bislang erfolgreicher.

Eine weitere Auswirkung ist, dass man durch unzureichend durchdachte Algorithmen Nachrichten bekommt, die uns nur Zeit rauben. So wurde ich persönlich auf LinkedIn folgendermaßen angeschrieben:

„Hallo Reinhold,
Ihr LinkedIn-Profil, Ihre Erfahrung und Ihre Fähigkeiten sind beeindruckend, und ich hoffe, Sie sind offen für neue Möglichkeiten.
Für ** Deutschland suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n Projektingenieur/in (*) EMSR……“

Und dann schreibt mir jemand im selben Portal ein paar Tage später:

„Hallo Hr. Wanner,
ich habe gesehen, dass Sie bei Wanner GmbH in der spannenden Branche Autoteile und Zubehör tätig sind. In dem Bereich bin ich bei ***** auch tätig, würde mich sehr freuen, wenn wir uns hier vernetzen.
Beste Grüße
**** *******“

Wer meine Vita und die Wanner GmbH kennt, der wundert sich in diesem Moment. Denn wieso werde ich – Geschäftsführer und Inhaber einer erfolgreichen Personal- und Unternehmensberatung, der in seinem Leben Alleingeschäftsführer von Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeiter war und seit nun knapp 10 Jahren selbstständig ist, mit so unpassenden Nachrichten angeschrieben? Ganz einfach. Gerade für LinkedIn gibt es KI-Software, die verspricht, genau die sinnvollen Leute zu identifizieren und anzusprechen. So gibt es aktuell auch einen Boom bei den Neugründungen, die die Akquise revolutionieren wollen. Bestimmt erhalten auch Sie jede Woche solche Angebote. Und da wir einen Kunden aus dem Segment Autoteile und -zubehör vor ein paar Jahren beraten haben und auch Referenzen dazu erhalten haben, hat die Software eben auch mich zum Profi in diesem Bereich gemacht und mich angeschrieben.

Weitere Auswirkungen auf die zwischenmenschliche Kommunikation

Diese Beispiele sind jedoch nicht nur im Internet und den sozialen Medien anzutreffen, sondern greifen auch auf das Telefon über. So hatten wir mehrere Wochen mit Pinganrufen zu kämpfen. Dabei wurden wir bis zu 5-mal täglich von wechselnden Rufnummern kontaktiert. Hebt man ab, dann ist auf der anderen Seite kein Anrufer, sondern es wird automatisch von der Software aufgelegt. Ein Wählautomat, der gerne möchte, dass man zurückruft und die teure Auslandsumleitung bezahlt. Wechselnde Nummern erschweren dabei das Sperren der Nummer in der Telefonanlage. Die intelligenten Wählautomaten sind so programmiert, dass sie zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Nummern anwählen. Die Firmen werden aufgrund ihrer internationalen, aber auch überregionalen Kontakte und weiteren Kriterien ausgewählt.

Dazu kommen verstärkt Akquiseaktionen von Call-Centern, die beispielsweise für Personal-Leasing-Firmen agieren. Regelmäßig erhalten wir Anrufe von diesen Centern, da wir eben sehr viele Stellenanzeigen in bis zu 50 Portalen gleichzeitig schalten. Da sind wir im Ranking der KI-Software wohl ganz schön hochgerutscht, so dass diese Software meint, man müsse uns helfen. Dann ruft ein Call-Center-Mitarbeiter an und meint, er könne uns helfen das nötige Personal zu finden. Im Gespräch stellt sich meistens sehr schnell heraus, dass sich der Anrufer nicht über uns informiert hat und uns somit nicht weiterhelfen kann, da wir selbst ein Personalberatungsunternehmen sind.

Wir brauchen die menschliche Komponente!

Zusammenfassend kann man sagen, dass jede vorhandene Technologie vielfältig eingesetzt werden kann. Leider nicht immer zum Wohl der Menschen und Unternehmen und nicht immer unter Beachtung von Privatsphäre und Datenschutz.

Und so ist es auch bei KI. Diese Art der intelligenten Automation wird bereits in vielen Bereichen eingesetzt, ist unserer Meinung nach aber nur sinnvoll und seriös, wenn ein realer Mensch die Ergebnisse prüft, auswertet und gegebenenfalls korrigiert.

So können z.B. geschätzt 70% der automatisierten LinkedIn-Anfragen den richtigen Ansprechpartner treffen, aber die 30% der falschen Anfragen können einem den Ruf nachhaltig schädigen und Kontakte in diesem Netzwerk verärgern.

Außerdem liefern einem Chatroboter wie Chat GPT zwar in Sekundenschnelle Antworten, welche auf den ersten Blick auch korrekt und einleuchtend klingen, aber dies oft bei weitem nicht sind. Somit sind diese immer auf Echtheit zu prüfen und durch eigene Recherchen zu bestätigen.

So auch z.B. bei den Call-Centern. Durch die Automation werden ohne großen Rechercheaufwand zahlreiche potenzielle Neukunden adressiert. Aber durch die fehlende Prüfung werden unter anderem auch Wettbewerber angerufen, wo dann Ärger vorprogrammiert ist und auf beiden Seiten Zeit geraubt wird. Ein einfacher Check der Website würde da bereits Klarheit schaffen.

Insofern denken wir, dass man offen für neue Entwicklungen sein muss und diese auch beobachten muss und – wenn nachweislich sinnvoll – sicherlich auch einsetzen sollte. Denn die Disruption wird stattfinden, entweder mit uns oder ohne uns. Aber trotzdem sollte es am Ende der Mensch sein, der die Dinge prüft und auch freigibt. Ferner entstehen Kontakte und Geschäfte immer zwischen Menschen, die neben dem Wissen eben auch Emotionen, Empathie und Kreativität einbringen.

Wie schon Albert Einstein einst sagte:

„Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“