Ratgeber Unternehmensnachfolge

Wer ist der richtige Käufer für mein Unternehmen? – Ein Praxisbeispiel

In Deutschland nähert sich der Mittelstand einer Welle von Unternehmensübergaben, getrieben vom demografischen Wandel. Studien zufolge planen bis Ende 2024 etwa 224.000 Inhaber die Geschäftsübergabe – das entspricht rund 6 % aller kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). In den nächsten fünf Jahren wollen sogar 11 % der KMU die Nachfolge regeln.[1] Im Durchschnitt stehen damit jährlich etwa 100.000–125.000 Übergaben an. Treiber dieser Entwicklung ist die Altersstruktur: Bereits jeder dritte Inhaber eines mittelständischen Betriebs ist 60 Jahre oder älter, was eine große Nachfragesteigerung nach Nachfolgern auslöst.[2]

Angespannte Marktlage: Immer mehr Unternehmen suchen nach einem geeigneten Nachfolger

Allerdings finden längst nicht alle Unternehmen einen neuen Chef. Die Förderbank KfW warnt, dass bis 2026 rund 190.000 Mittelständler mangels Nachfolger ganz vom Markt ausscheiden könnten.[3] Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht dies ähnlich kritisch: Hochgerechnet droht in den nächsten fünf Jahren bei über 250.000 KMU die Geschäftsaufgabe, weil kein Nachfolger gefunden wird.[4] Dieses Nachfolgeproblem betrifft vor allem kleinere Betriebe und spannt sich über alle Branchen hinweg. Entsprechend hoch ist der Handlungsdruck, für die wachsende Zahl übergabereifer Unternehmen geeignete Übernehmer zu finden. In der Praxis ist die Suche nach dem geeigneten Nachfolger ein komplexes Thema, da es verschiedene Käufergruppen mit unterschiedlichen Zielen und Strategien gibt.

Käufergruppen in der Praxis – Wer ist der richtige Nachfolger für die Alv Kintscher GmbH?

Ein aktuelles Beispiel einer erfolgreich gestalteten Nachfolge stellt die Alv Kintscher GmbH aus Sachsenkam dar. Das Unternehmen ist nicht nur eine Luxusschreinerei, sondern eine Designschmiede, die mit ihrem Kreativprozess Träume verwirklicht und Unikate im Premiumsegment schafft. Das Unternehmen blickt auf eine 47-jährige Erfolgsgeschichte zurück und war nun an einem Punkt angelangt, an dem das Unternehmen in neue Hände gegeben werden soll. Während des Prozesses standen verschiedene Käufergruppen zur Auswahl. Diese verfolgen unterschiedliche Ansätze und sollen im Folgenden vorgestellt werden.

Familieninterne Nachfolger, Existenzgründer, Mitarbeiter und strategische Nachfolger investieren meist langfristig

Familieninterne Nachfolge: Die Übergabe innerhalb der Familie (etwa an Kinder oder Verwandte) ist nach wie vor die beliebteste Variante. Viele Senior-Unternehmer wünschen sich diese Lösung, um die Tradition und Werte ihres Lebenswerks zu bewahren. Umfragen zeigen, dass über die Hälfte der Mittelständler eine familieninterne Nachfolge bevorzugt. Allerdings scheitert dieser Wunsch oft an der Realität – jüngere Generationen sind zahlenmäßig kleiner, weniger leistungsorientiert und verfolgen zunehmend eigene Karrierewege, so dass fehlendes Interesse in der Familie heute ein dominierender Grund für eine geplante Geschäftsaufgabe ist bzw. für den Verkauf an externe Nachfolger.[5]

Daneben gibt es auch Existenzgründer oder auch Management-Buy-In (MBI) Kandidaten. Dabei handelt es sich um Personen, welche auf dem Weg zur Selbständigkeit nicht den Weg der Neugründung gehen, sondern ein bestehendes Unternehmen erwerben, um dieses erfolgreich weiterzuführen. Je nach Qualifikation des Übernahmekandidaten sollte sich der Verkäufer auf eine möglicherweise längere Einarbeitungszeit gefasst machen. Außerdem spielen hier die Eigenmittel des Käufers eine entscheidende Rolle. Um die Finanzierung des Kaufpreises erfolgreich zu gestalten, sollten MBIs als Richtwert ca. 20% Eigenkapital mitbringen. Die weitere Finanzierung erfolgt in der Regel über Banken in Kombination mit Fördermitteln, private Investoren und den Altinhaber.

Eine ähnliche Konstellation ergibt sich, wenn bestehende Mitarbeiter als Kaufkandidaten in Frage kommen – ein sogenannter Management-Buy-Out (MBO). Auch hier spielt eine Fremdfinanzierung über Banken, Investoren oder die Altinhaber oft eine wichtige Rolle. Dahingegen gestaltet sich die Einarbeitungsphase meist deutlich kürzer, da die Mitarbeiter das Unternehmen und die Prozesse bereits bestens kennen. Zudem besteht in der Regel ein hohes Vertrauen zwischen den Parteien und das Know-how bleibt im Unternehmen gebunden. Diese Möglichkeit ergibt sich selbstverständlich nur, wenn geeignete Übernahmekandidaten im Unternehmen angestellt sind und diese auch das unternehmerische Risiko tragen möchten. Von daher ist die Auswahl hier oft stark eingeschränkt.

Strategische Käufer: Dabei handelt es sich um Wettbewerbsunternehmen oder vor- bzw. nachgelagerte Unternehmen aus der Wertschöpfungskette. Es können aber auch Unternehmen sein, die diversifizieren bzw. ihr Portfolio aus strategischen Gründen verbreitern wollen, um sich zum Beispiel krisensicherer aufzustellen oder eine breitere Marktabdeckung zu erlangen. Diese Käufergruppe hat strategische Interessen an dem Unternehmen und möchte durch den Zukauf verschiedene Ziele erreichen. Dazu zählen z.B. die Übernahme von Know-how, Mitarbeitern, Kunden, Patente, Reichweite, Erweiterung der Wertschöpfungskette etc. Strategische Käufer haben oftmals Erfahrung im Zukauf von Unternehmen und haben professionelle Berater bzw. Mitarbeiter an der Hand, welche den Verkaufsprozess effizient begleiten und eine schnelle Übergabe ermöglichen. Ebenso kann die Finanzierung in der Regel zügig sichergestellt werden.

Family Offices sind Investoren, die mit langfristigen und nachhaltigen Strategien operieren. Sie erwerben Unternehmen nicht nur als reine Finanzanlagen, sondern auch als Teil einer strategischen Ausrichtung, um Synergien mit bestehenden Beteiligungen zu schaffen. In vielen Fällen unterstützen sie auch Management-Buy-In- oder Management-Buy-Out-Kandidaten finanziell und ermöglichen so eine reibungslose Übergabe. Während einige Family Offices auf eine mittelfristige Wertsteigerung und einen späteren Weiterverkauf abzielen, gibt es auch jene mit einem generationenübergreifenden Ansatz, die Unternehmen langfristig im Portfolio halten. Ein entscheidender Vorteil für den Verkäufer ist die in der Regel gesicherte Finanzierung, da Family Offices über erhebliche Kapitalreserven verfügen. Zudem setzen sie oft erfahrene Geschäftsführer ein, um eine professionelle Weiterführung des Betriebs zu gewährleisten. Das Family Office selbst wird meist von mehreren sehr erfahrenen Managern geführt, die typischerweise über eine hohe strategische Kompetenz verfügen.

Finanzinvestoren suchen nach gewinnbringenden Anlageoptionen

Finanzinvestoren und Private-Equity-Gesellschaften verfolgen einen anderen Ansatz. Sie investieren gezielt in Unternehmen, um durch Effizienzsteigerungen und strukturelle Optimierungen eine Wertsteigerung zu erzielen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Rentabilität und der Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Dabei werden häufig bestehende Prozesse überarbeitet, Kosten gesenkt und Umsatzsteigerungen angestrebt. In vielen Fällen ist das Ziel, das Unternehmen nach wenigen Jahren gewinnbringend weiter zu veräußern. Dies kann für Verkäufer attraktiv sein, wenn eine schnelle und finanziell solide Abwicklung im Vordergrund steht. Allerdings sollte sich der Unternehmer bewusst sein, dass der Fokus dieser Käufergruppe primär auf wirtschaftlicher Optimierung liegt und weniger auf dem langfristigen Erhalt der Unternehmenskultur oder gewachsenen Strukturen. Typischerweise fällt hier der Unternehmenskaufpreis auch niedriger aus und die Haltefrist beträgt oft nur wenige Jahre. Ein Sonderfall bei dieser Käufergruppe sind Gesellschaften, die sich mit Distressed M&A beschäftigen. Diese kaufen wirtschaftlich unattraktive oder insolvente Unternehmen. Dies ist oft eine günstige Einstiegsmöglichkeit für erfahrene Investoren, welche den Betrieb nach einer umfangreichen Sanierung gewinnbringend veräußern.

Die Alv Kintscher GmbH hat einen erfolgreichen MBO hingelegt und wird nun von zwei langjährigen Mitarbeitern geführt

Alv Kintscher fasste die Entscheidung für den Käufer schließlich wie folgt zusammen: „Herr Wanner präsentierte uns eine Vielzahl qualifizierter und interessanter Kandidaten, die allesamt sorgfältig ausgewählt wurden und hervorragend zu unserem Betrieb passten. Letztendlich hatten wir dann die Wahl zwischen einem ambitionierten Gründer und der Weitergabe des Unternehmens an zwei unserer langjährigen und hervorragenden Mitarbeiter. Wir haben uns für die interne Lösung entschieden, da die Herren das Unternehmen noch mehr in unserem Sinne weiterführen.“[6] Somit konnte eine für alle Seiten optimale Lösung gefunden werden.

 

 

[1] Schwartz (2024): Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2023: Trotz Nachfolgerengpass sind drei Viertel der Übergaben bis Ende 2024 geregelt, KfW Research, S.1

[2] Schwartz (2023): Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2022: Knappheit an Nachfolgekandidaten nimmt zu, Misserfolge dürften häufiger werden, KfW Research, S.1

[3] Schwartz (2023), S.1

[4] DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2024, S.6

[5] Schwartz (2024), S.2f.

[6] Referenzschreiben Alv und Daniela Kintscher (2025): https://wanner.gmbh/?portfolio=unternehmensverkauf-der-alv-kintscher-gmbh